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Doris Schöps (Technische Universität Berlin und Freie Universität Berlin):

Metaphorische Bedeutungsproduktion in „phraseogestischen“ Kopplungen

Vortrag im Rahmen von „Das Konkrete als Zeichen“, 12. Internationaler Kongress der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (DGS), Stuttgart, 9. bis 12. Oktober 2008; Sektion „Gesten in der Kommunikation: Prozesse der Konkretisierung und Abstraktion“.

 

 

Dass Sprache und Gestik physiologisch unmittelbar aufeinander bezogen sind, kann tagtäglich beobachtet werden. Mittels gestischen Verhaltens lassen sich unter anderem sprachliche Äußerungen im Dialog vorwegnehmen und mittels sprachlicher Äußerungen können ausgeführte konventionelle Gesten kommentiert werden. Darüber hinaus bilden visuell-körperliche und sprachliche Verhaltensmodi aus psycholinguistischer und kognitionswissenschaftlicher Sicht eine Einheit.

Im Spannungsfeld von Konkretisierung und Abstraktion widmet sich der vorliegende Beitrag Gestenemblemen, die mit idiomatischen Redensarten in syntagmatischen Sinnzusammenhängen stehen.

Beispielsweise kann in einer Kommunikationssituation das Ausführen von Rotations­bewegungen mit dem Zeigefinger in der Nähe der Schläfe oder das rhythmische Tippen des Zeigefingers gegen Stirn oder Schläfe seitens des Senders mit Ausrufen in Form von idiomatischen Ausrücken wie „Bei dir piept’s!“, „Du hast wohl ’ne Schraube locker!“ oder „Der spinnt!“ einhergehen. Eine solche Beobachtung wirft Fragen auf. Inwiefern verstärken sich konventionelle Alltagsgesten (Embleme) und idiomatische Redensarten bei der Übermittlung kommunikativer Botschaften in ihrem Bedeutungsgehalt gegenseitig?

Eine mögliche Antwort ergibt sich im Rahmen der kognitionssemantischen Metapherntheorie um George Lakoff und Mark Johnson. Ausgangspunkt der Überlegungen bildet darüber hinaus die von Roland Posner entwickelte Hypothese, dass emblematische Alltagsgesten häufig auf der metaphorischen Interpretation einer ursprünglich zweckbezogenen Handlung beruhen. Es werden ausgewählte Gestenexemplare und Redensarten betrachtet, deren übertragene Bedeutungen modalitätsübergreifende Metaphernverbünde bilden, wodurch abstrakte Wissensdomänen unter Rückgriff auf konkretere erfahrbar gemacht werden. Pointierter gefragt: Erfassen die metaphorischen Botschaften des Gestenemblems und des nach ihm geäußerten Phraseologismus den gleichen Zielbereich? Wird dabei auf strukturgleiche oder verschiedene Quellbereiche zurückgegriffen?